Achtsamkeit,  Gesellschaft

Ein Hund im Büro!? Win-win für Hund & Herrchen – und den Arbeitgeber

Eine Hommage an unsere vierbeinigen Kollegen zum internationalen Bürohundtag 2019

Als ich im Herbst 2007 beschloss, dass ein Hund bei mir einziehen sollte, war diese eine Sache glasklar: der muss von Anfang an mit ins Büro!
Ich arbeitete schon damals freiberuflich in der Filmproduktion, und während in anderen Branchen beim Wort „Bürohund“ sicherlich noch voller Unverständnis die Nase gerümpft wurde, gehörten bei uns Hunde auf den Bürofluren längst zum Alltag.

Seinen Vierbeiner täglich mit zur Arbeit nehmen zu können, ist trotzdem immer noch ein Luxus – ohne den ich vermutlich bis heute noch keinen Hund hätte!

Denn wer in Vollzeit berufstätig ist und weder einen langzeitarbeitslosen oder im Home-Office arbeitenden Partner noch Eltern im Rentenalter (oder andere für die Betreuung geeignete Personen) in greifbarer Nähe hat, sollte sich das mit dem Hund noch einmal gut überlegen.

Da ich projektbezogen arbeite, liegt meine Arbeitszeit bei täglich zehn Stunden – und aufwärts. Selbst für einen Hund, der das Alleinebleiben gut gelernt hat und in Perfektion beherrscht, ist das zu viel. Hunde sind nun einmal soziale Tiere, die in Rudelverbänden leben – ein Leben als Einzelgänger auf dem Sofa, der nur morgens und abends einmal kurz um den Block kommt, hat die Natur ganz sicher nicht für sie vorgesehen.

„Internationaler Bürohundtag“ am 21.06.2019

Um dem Bürohund und den vielen mit ihm verknüpften positiven Aspekten eine Plattform zu bieten, wurde von Pet Sitters International im Jahr 1999 erstmalig der „Take your dog to work day“ gefeiert – Vorreiter sind auch hier also wieder einmal die USA.

Ursprünglich sollte das Mitbringen von Hunden zum Arbeitsplatz Nichthundehalter-Kollegen auf die Vorteile der Mensch-Hund-Beziehung aufmerksam machen und diese bestenfalls dazu animieren, selbst einen Hund – möglichst aus dem Tierschutz – zu adoptieren.

Doch die Vorteile von Hunden im Büro gehen noch weit über den symbolischen Aspekt hinaus!

In Deutschland findet der Bürohundtag quasi unter der „Schirmherrschaft“ des Bundesverbandes Bürohund e.V. (kurz: BVBH) statt. Der Verband hat es sich seit nunmehr fünf Jahren zur Aufgabe gemacht, möglichst viele Hunde erfolgreich in Unternehmen zu integrieren.
Dass dies zum Wohle aller Beteiligter geschehen muss, liegt auf der Hand: nicht nur Hund und Halter sollten von der Anwesenheit des vierbeinigen Kollegen profitieren, sondern natürlich genauso die Kollegen, der Chef und am Ende des Tages auch das Unternehmen an sich.

Der BVBH betreibt massiv und erfolgreich Öffentlichkeitsarbeit rund um das Thema, hilft aktiv bei der Integration des Hundes ins Arbeitsumfeld und listet auf seiner Bürohundkarte Bürohund-affine Unternehmen.

Im vergangenen Jahr 2018 wurde anlässlich des Bürohundtages die Frage „Hund im Büro – ja oder nein?“ auf dem Businessnetzwerk XING kontrovers diskutiert; das uns allen bekannte Haustierregister TASSO e.V. erklärt sogar alljährlich den gesamten Monat Juni zum „Büroschnauzenmonat“.

Auch der BVBH hat zum diesjährigen Bürohundtag wieder ein kleines Programm in petto: angekündigt ist die Veröffentlichung der Ergebnisse einer Befragung zum „Bürohund-Index Deutschland 2019“, bei Twitter wird auf dem Account von Kununu zum Thema diskutiert, es gibt auf der Website des BVBH ein Voting zum „Hund des Bürohundtages 2019“ und zum „Bürohund des Monats Juni“ sowie eine Instagram-Parade unter dem Hashtag #Bürohundtag2019.

Welche Vorteile bringt denn nun ein Bürohund?

1) Reduktion von Stress

Da der körperliche Kontakt zwischen Mensch und Hund die Ausschüttung des Bindungshormons Oxytocin fördert, kann die Anwesenheit eines Bürohundes den Stresslevel am Arbeitsplatz deutlich senken. Besteht bereits eine vertrauensvolle Bindung, dann reicht hierfür sogar ein Blickkontakt aus!

Oxytocin reguliert den Blutdruck und den Spiegel des Stresshormons Cortisol – es kann also gerade in stressigen Situationen zu einer schnelleren Entspannung beitragen.

Außerdem zwingen die natürlichen Bedürfnisse des Hundes (sprich: die Erledigung gewisser Geschäfte) automatisch zu Arbeitsunterbrechungen – der Bürohund fördert somit die Einhaltung regelmäßiger Pausen, die auch dem Bürohund-Halter und seiner Leistungsfähigkeit zugute kommen.

Und entspannte und leistungsfähige Mitarbeiter sind wiederum ein Zugewinn für das Unternehmen an sich…

2) Bewegung

Wer einen (Büro)Hund hat, bewegt sich im Alltag automatisch mehr – und Bewegung ist gesund und wichtig für das Herz-Kreislauf-System, den Verdauungstrakt, das körpereigene Entgiftungssystem und nicht zuletzt auch für das seelische Wohlbefinden.

Für manche Menschen – so wie mich – ist die Möglichkeit zum Mitnehmen ins Büro die Grundvoraussetzung dafür, dass überhaupt ein Hund gehalten werden kann; geht das nicht, fallen ggf. auch die genannten Gesundheitsvorteile weg (sofern man nicht anderweitig sportlich aktiv ist).

3) Förderung des Betriebsklimas

Ein Hund im Büro bringt automatisch eine gewisse kindliche Unbefangenheit ins Betriebsklima: er fungiert als kommunikativer und sozialer Türöffner gegenüber Kollegen, Kunden und Geschäftspartnern.

Da dem Tier die menschlichen Hierarchien ziemlich egal sind und er eben nicht zwischen Sachbearbeiter und CEO unterscheidet, hat vermutlich schon so mancher Manager im Anzug neben einem Vierbeiner auf dem Boden gekniet, um sich seine Portion Oxytocin abzuholen – während seine Kollegin im Businesskostüm auf dem Flur schnell noch ein paar Bällchen geworfen hat…

4) Weniger Hunde in Tierheimen

Das ist der Idealfall.

Wenn die Förderung des Bürohundes dazu führt, dass mehr Menschen überhaupt erst Hunde halten können, dann können logischerweise auch mehr Hunde aus dem Tierschutz adoptiert werden und es werden wieder Plätze frei für andere Vierbeiner, die diese dringend benötigen.

Der Auslandstierschutz steht zwar – teilweise sicherlich nicht zu Unrecht – vermehrt in der Kritik; dennoch ist es leider immer noch Fakt, dass viele Tiere nur durch die Überbringung nach Deutschland ihrem sicheren Ende in einer Tötungsstation entgehen können.

Natürlich werden auch zukünftig nicht alle Bürohunde aus dem Tierschutz kommen, aber ein großer Anteil ganz gewiss.

Die Medaille hat allerdings auch eine Kehrseite, denn in diesem Punkt müssen ebenso die Tierschutzvereine mitspielen!
Oft hört man, dass Organisationen keine Hunde an voll berufstätige Menschen vermitteln würden – hier besteht meiner Meinung nach noch viel Aufklärungsbedarf. Es gibt – auch neben dem „ehrenamtlichen“ Einsatz als Bürohund – heutzutage doch inzwischen so viele gute andere Möglichkeiten der hundgerechten Betreuung. Sei es durch Familienmitglieder, Nachbarn, professionelle Hundesitter bzw. Dogwalker, HuTa’s oder gar Dogsharing – wenn es individuell für Mensch und Tier passt, warum denn nicht?

[Als ich damals Aida unter der Prämisse „Arbeitsbegleithund“ adoptiert habe, wollte das Tierheim übrigens neben der Bestätigung des Vermieters auch eine Bescheinigung meines Arbeitgebers haben, dass der Hund mitkommen darf. Danach stand ihrer Karriere beim Film nichts mehr im Wege! Und da ich in der Regel projektbezogen und für wechselnde Arbeitgeber tätig bin, kann ich mir zum Glück die Projekte meist so aussuchen, dass es mit Hund passt.]

Und welche Probleme können auftauchen?

Compliance

Da die meisten Bürojobs nicht einsam im stillen Kämmerlein durchgeführt werden (es sei denn, man hat das Glück, Einzelunternehmer zu sein und im Home-Office zu arbeiten), müssen natürlich erst einmal auch Kollegen und vor allem Vorgesetzte mit dem haarigen Mitarbeiter einverstanden sein.
Hat einer der Kollegen eine ausgeprägte Hundehaarallergie, ein anderer ein Kindheits-Hundetrauma und der Chef einen Hygiene-Fimmel, dann stehen die Karten vermutlich eher schlecht.

Sofern innerhalb der Firma kein ausdrückliches Einverständnis pro Bürohund besteht, kann die Stimmung z.B. nach einem einzigen Vorfall, Missverständnis oder Missgeschick schnell kippen und ein Hund, der lange Zeit eher nur „geduldet“ war, von heute auf morgen verboten werden.

Dass dies existentielle Auswirkungen für Hund und Halter (und vielleicht auch für den Chef) haben kann, liegt nahe.

Es ist also wichtig, dass im Vorfeld klare Absprachen und Regeln – für beide Seiten! – getroffen werden.

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Nicht hundegeeigneter Job

Nicht unbedingt jeder Job ist für das Mitbringen von Hunden geeignet.

Wer viel Zeit in Meetings verbringt, oft auf Geschäftsreisen muss oder in einem Arbeitsumfeld mit strengen Hygienevorschriften tätig ist, wird wohl den Traum vom Bürohund verabschieden müssen.

Auch im Außendienst mit viel Kundenkontakt wird es vielleicht schwierig – wobei auch hier Ausnahmen die Regel bestätigen; ich habe z.B. schon sehr viele Kurierfahrer erlebt, die einen Beifahrer mit Fell dabeihatten.

Nicht jobgeeigneter Hund

Hä? Ja, auch das ist möglich: nicht jeder Hund ist fürs Büro geeignet.

Hunde mit starkem Schutztrieb beispielsweise, wenn am Arbeitsplatz reges Kommen und Gehen herrscht – das wäre für Mensch und Hund mehr Stress als Nutzen.

Auch für (traumatisierte) Tierschutz-Hunde kann es schwierig sein, sich in den Büroalltag zu integrieren. Für diese ist es zwar sicherlich förderlich, dass sie den ganzen Tag über mit ihrem Menschen zusammen sein dürfen; ein hektisches Umfeld mit vielen unvorhersehbaren Geräuschen kann dagegen allerdings auch eine extrem stressende und auf Dauer gesundheitsschädliche Auswirkung haben.

Auch sollte der Arbeitsplatz des Menschen so gestaltet werden können, dass dem Hund ausreichend Platz für eine Rückzugsmöglichkeit sowie Bewegungsspielraum zur Verfügung steht. Eine Dogge wird sich vermutlich auf 1,5 Quadratmetern unterm Schreibtisch dauerhaft nicht unbedingt wohl fühlen.

Auch meine eigene Erfahrung hat mich inzwischen gelehrt, dass nicht jederhund fürs Büro gemacht ist.

Aida beispielsweise war ein Bürohund „par excellence“ – für sie war es das Wichtigste, dass sie einfach immer und überall mit dabei sein konnte. Je mehr Menschen um sie herum waren, umso besser konnte sie sich entspannen. Und sogar vier Wochen Auslandsdreh in Budapest hat sie locker mitgemacht (auch wenn die ungarischen Kollegen den Hund im Büro teils etwas befremdlich zu finden schienen)…

Auch Fina musste von Anfang an mit ins Büro, zum ersten Mal als Welpe im Alter von 16 Wochen. Da das Leben für sie eine einzige große Party ist und sie grundsätzlich ALLES auf sich bezieht, ist das Büro auch heute noch das Paradies für sie. Am liebsten würde sie jeden Besucher überschwänglich begrüßen, sich von früh bis spät von allen Kollegen „huldigen“ lassen und den Rest der Zeit über Flure toben.
Klar, das geht natürlich nicht – also wurde für sie der Büroalltag zur Dauerlektion in Sachen „Ruhe halten“. Inzwischen kann sie das (in ihrer Box) auch ganz gut, manchmal braucht sie aber doch noch die Leine am Tischbein zur Erinnerung: „Ach, wenn ich eh nicht weg kann, dann kann ich auch genauso gut ein kleines Nickerchen machen.“

Doch nun ist da ja auch noch Paco – für ihn wünsche ich mir immer öfter, dass er nicht mit ins Büro müsste, sondern einfach nach Lust und Laune seinen Tag auf der heimischen Couch verbringen dürfte. Ihm ist das alles nämlich oft viel zu viel Stress: (fremde) Menschen, die kommen und gehen, Geräusche, Hektik, und vor allem: Stimmungen.
Geht es einmal etwas angespannter zu und steigt der Stresspegel bei uns im Raum, dann spiegelt er diese Stimmung auf seine Art. Sprich: dann hat er Schwierigkeiten, die nötige Ruhe zu finden, wird schon mal knötterig, brummt, knurrt, zieht sich in seine Box zurück und krawallt in dieser herum. Dann wird er zum Rühr-mich-nicht-an(-sonst-zeig-ich-dir-meine-hübschen-Zähne) und will abends vor Erschöpfung manchmal gar nicht aufstehen, um nach Hause zu gehen.
Zum Glück sind solche Tage eher die Ausnahme als die Regel, aber es gibt sie nun einmal. Leider. Und so arbeiten wir dauerhaft an seiner Stressresistenz, um den Büroalltag für uns alle erträglich zu machen.

FAZIT

Um es noch einmal kurz auf den Punkt zu bringen:

      • Wenn alle Seiten damit einverstanden sind, können Hunde am Arbeitsplatz einen Mehrwert für Gesundheit, Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeiter liefern und dadurch sogar die Effizienz des Unternehmens steigern.
      • Ohne Regeln geht es nicht! Geht der Hund mit ins Büro, dann sollten im Vorfeld klare Absprachen über das gemeinsame Miteinander getroffen worden sein.
      • Mehr Hunde im Büro bedeutet: weniger Hunde im Tierheim.
      • Nicht jeder Arbeitsplatz ist für Hunde geeignet.
      • Nicht jeder Hund träumt von einer Karriere als Bürohund! Manch einer würde sein Nickerchen vielleicht doch lieber ungestört zu Hause machen.
Das Thema „Achtsamkeit“ spielt hier übrigens auch eine große Rolle!

Es ist wichtig, dass wir nicht nur – voller Egoismus – unsere eigenen Bedürfnisse berücksichtigen („Ich will meinen Hund aber immer bei mir haben!“), sondern auch auf die des uns anvertrauten Vierbeiners eingehen.

Und diese müssen sich nicht unbedingt immer decken! Hunde haben es oft schon schwer genug, sich in unserer hektischen, modernen Menschenwelt zurecht zu finden – auch ohne Büro-Aufenthalt. Sie leben in ihrem eigenen Tempo, und das ist nun einmal einfach etwas langsamer als das, in dem wir Menschen heutzutage durch unseren Alltag hetzen.

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